Aktuelle Frage

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Darf eine zahnärztliche Behandlung unbestellter Schmerzpatienten während der regulären Sprechzeit abgelehnt werden?

Es gehört zu den vertragszahnärztlichen Pflichten sowohl am Notdienst zu den sprechstundenfreien Zeiten (§ 75 SGB V i.V.m. § 14 Berufsordnung der ZÄK bzw. der Notfalldienstordnung der ZÄK Sachsen-Anhalt) teilzunehmen als auch während der (regulären) Sprechstundenzeiten in Notfällen oder bei akuten Schmerzen eine Behandlung der unbestellten Schmerzpatienten zu übernehmen. Eine Behandlung der unbestellten Schmerzpatienten kann zwar zu einer Störung der terminlich geordneten Praxisabläufe führen, diese muss aber von den Vertragszahnärzten hingenommen werden. Eine Ablehnung der Behandlung bei akuten Schmerzen ist unzulässig und kann unter Umständen sogar strafbar sein, § 323c StGB [Unterlassene Hilfeleistung].

Eine Behandlungsablehnung eines unbestellten Schmerzpatienten ist insbesondere mit folgender Begründung unzulässig:

  1. Der Patient erscheint in der Praxis außerhalb der sog. „Schmerzsprechstunden“.
  2. Der Patient erscheint in der Praxis kurz vor Ende der Sprechstunden.
  3. Der Patient hat vorher mehrere reguläre Behandlungstermine nicht wahrgenommen.
  4. Der Patient kann keine Krankenversichertenkarte vorlegen.
  5. Die Beschreibung der akuten Schmerzen erscheint nicht besonders glaubhaft.
  6. Die Kapazitäten der Praxis sind bereits erschöpft.

Was tun, wenn ein Schmerzpatient eine Zahnarztpraxis bereits betreten hat und der Zahnarzt aus tatsächlichen Gründen (z.B. Zahnarzt ist krank, Strom- und Wasserausfall in der Praxis, zwingend erforderliche Bohrgeräte sind kaputt etc.) diesem Schmerzpatienten nicht zeitnah helfen kann. In diesem Fall empfiehlt es sich wenigstens, sich mit einem Kollegen aus der naheliegenden Praxis in Verbindung zu setzen, und ihn um die Unterstützung zur Behandlungsübernahme eines Schmerzpatienten zu bitten, § 8 [Kollegialität] Berufsordnung der ZÄK Sachsen-Anhalt. Sollte der Zahnarzt feststellen, dass ein Patient die regulären Termine nicht wahrnimmt und stattdessen nur bei akuten Schmerzen unbestellt in der Praxis erscheint, kann der Zahnarzt die Krankenkasse des Patienten (Versicherten) hiervon unterrichten. Die Versicherten sind gem. § 1 SGB V für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden.

Eine jederzeitige Bereitschaft zur Hilfeleistung ist für die Ärzte bzw. Zahnärzte berufsprägend. In kaum einem anderen Beruf wird die obligatorische Beachtung der Grundsätze der ärztlichen Ethik und Menschlichkeit gesetzlich vorgeschrieben. Der Sinngehalt dieser Grundsätze war ferner in der Judikatur von besonderer Bedeutung. So hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahre 1979 in seinem Beschluss (2 BvR 878/74) aus dem Buch von E. Schmidt „Der Arzt im Strafrecht“ zitiert: „Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist weit mehr als eine juristische Vertragsbeziehung. Die Standesethik steht nicht isoliert neben dem Recht. Sie wirkt allenthalben und ständig in die rechtlichen Beziehungen des Arztes zum Patienten hinein. Was die Standesethik vom Arzte fordert, übernimmt das Recht weithin zugleich als rechtliche Pflicht. Weit mehr als sonst in den sozialen Beziehungen des Menschen fließt im ärztlichen Berufsbereich das Ethische mit dem Rechtlichen zusammen“.

Die Bereitschaft zur Hilfeleistung bei akuten Schmerzen bleibt daher für die Zahnärzte das oberste Gebot!

Assessor Alexander Iyet  
KZV Sachsen-Anhalt


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