Aktuelle Frage

Aktuelle Frage

Darf ich die fehlerhafte Behandlung eines anderen Kollegen dem Patienten offenbaren?

Im Rahmen des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, welches zum 26.02.2013 in Kraft getreten ist, wurde u. a. ein § 630 c in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingefügt, welcher die Informationspflichten des Behandlers gegenüber dem Patienten beschreibt. In Absatz 2 Satz 2 dieser Regelung wird der Behandler verpflichtet, im Falle des Erkennens von Umständen, die die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen, den Patienten über diese auf Nachfrage oder zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren zu informieren. Im nachfolgenden Satz 3 dieser Vorschrift ist geregelt, dass für den Fall, dass der Behandlungsfehler dem Behandelnden selbst oder einem seiner Angehörigen unterlaufen ist, die Information in einem Straf- oder Bußgeldverfahren nur mit Zustimmung des Behandelnden verwendet werden darf.

Insofern stellt sich die generelle Frage, in welchen Fallgestaltungen der Vertragszahnarzt tatsächlich auf der Grundlage dieser Vorschrift verpflichtet ist, fehlerhafte Behandlungen anderer Kollegen, die er im Rahmen seiner eigenen Behandlung erkennt, dem Patienten mitzuteilen.

Entsprechend dem Wortlaut der o. g. Vorschrift ist zunächst klarzustellen, dass eine Offenbarung gegenüber dem Patienten nur dann notwendig ist, wenn der Patient konkret danach fragt oder dies zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren notwendig ist. Auslegungsbedürftig ist dabei allenfalls die zweite Alternative dieser Rechtsvorschrift, d. h. was unter „Abwendung gesundheitlicher Gefahren“ zu verstehen ist. Da der Gesetzgeber von „gesundheitlichen Gefahren“ spricht, ist es unerheblich, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung der Gesundheit durch den erkannten Behandlungsfehler ist. Die erkannte Notwendigkeit, etwa einer Reparatur des Zahnersatzes oder einer Neuversorgung, um weitergehende Schäden an den Zähnen oder eine Verschlechterung des Mundgesundheitszustandes insgesamt zu vermeiden, dürfte dabei wohl ausreichend sein. Eine Grenzziehung ist schwierig, da einerseits der Gesetzgeber den Grad der Gesundheitsgefährdung nicht definiert hat und im Übrigen auch zahnmedizinisch schwer einschätzbar ist, ob und welche konkreten gesundheitlichen Folgen ein Behandlungsfehler im zahnärztlichen Bereich haben kann. Ist allerdings der Behandlungsfehler nicht wirklich offensichtlich oder handelt es sich nur um unterschiedliche Auffassungen zur therapeutischen Vorgehensweise, wäre Zurückhaltung empfohlen. Auch die berufsrechtlichen Kollegialitätspflichten sollten so verstanden werden, dass nur zweifelsfreie Behandlungsfehler, die einen bestimmten Mindestgrad an Schwere aufweisen, offen gelegt werden. Im Zweifel sollte von einer Information des Patienten Abstand genommen und auf das gemeinsame Gutachterverfahren von KZV und Krankenkassen verwiesen werden. Darüber hinaus ist ein Anruf beim Vorbehandler in solchen Fällen immer das Mittel der ersten Wahl.

Torsten Jahnel
Abteilungsleiter Recht
KZV Sachsen-Anhalt


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