Aktuelle Frage

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Sind (Zahn-)Arztbewertungsportale rechtmäßig?

Bewertungsportale im Internet erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Sie erscheinen auf den ersten Blick als rechtlich unbedenklich soweit sie wesentliche Eigenschaften von Konsumgütern vergleichen oder dazu dienen, das passende Hotel für den kommenden Sommerurlaub zu finden. Schwieriger ist es, wenn einzelne Personen hinsichtlich ihrer beruflichen Tätigkeit benotet werden und dadurch Persönlichkeitsrechte berührt sein könnten.

Der Bundesgerichtshof hatte sich in der Vergangenheit bereits mit einer Klage gegen einen Betreiber eines Internetportals zu befassen, bei dem Schüler ihre eigenen Lehrer beurteilen konnten. Das höchste deutsche Zivilgericht vertrat die Ansicht, dass das Informationsinteresse an der Tätigkeit eines Lehrers höher zu gewichten sei, als das Recht des beurteilten Pädagogen auf informationelle Selbstbestimmung. Mit einer Entscheidung vom September 2014 erweiterte der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung nun auch auf das Verhältnis zwischen einem Patienten und seinem (Zahn-)Arzt. Auch einem (Zahn-)Arzt soll demnach grundsätzlich kein Anspruch auf Löschung seiner Daten und damit verbundener Bewertungen zustehen.

Bei der Abwägung der gegenüberstehenden Rechte erkannte der Bundesgerichtshof durchaus die Gefahren, denen sich ein im Portal gelisteter (Zahn-)Arzt ausgesetzt sehen kann. Beispielsweise können Bewertungen von Patienten die (Zahn-)Arztwahl behandlungsbedürftiger Personen beeinflussen und sich dadurch unmittelbar auf die Chancen des jeweiligen (Zahn-)Arztes im Wettbewerb mit anderen (Zahn-)Ärzten auswirken, im Falle negativer Bewertungen sogar seine berufliche Existenz bedrohen. Verstärkt wird diese Gefahr infolge der Breitenwirkung des Bewertungsportals im Internet. Über Suchmaschinen ist ein (Zahn-)Arzt schnell gefunden. Ein Patient, der lediglich nach Sprechzeiten sucht, kann daher, ohne dass er dies vorher beabsichtigte, mit gespeicherten (Negativ-)Bewertungen des gesuchten (Zahn-)Arztes konfrontiert werden.

Nichtsdestotrotz erachtete der Bundesgerichtshof das Recht des Portalbetreibers auf Kommunikationsfreiheit als schwerwiegender. Seiner Meinung nach habe die Öffentlichkeit ein ganz erhebliches Interesse an Informationen über (zahn-)ärztliche Dienstleistungen. Das Portal könne dazu beitragen, einem Patienten die aus seiner Sicht erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Dass die eingestellten Bewertungen typischerweise nicht von Fachleuten stammen und subjektiv geprägt sind, nehme dem Portal nach Auffassung des Senats nicht die Eignung, die Leistungstransparenz im Gesundheitswesen zu fördern.

Auch die Möglichkeit der Abgabe anonymer Bewertungen lässt das Gericht zu keiner anderen Rechtsansicht gelangen. Im Falle eines (Zahn-)Ärzteportals sei eine namenlose Beurteilung sogar besonders wichtig, da häufig sensible Gesundheitsinformationen, etwa der Grund einer Behandlung oder die Art der Therapie, den Gegenstand der Bewertung bildeten.

Ein (Zahn-)Arzt muss sich jedoch nicht grenzenlos sämtliche Bewertungen gefallen lassen. Äußert ein Nutzer des Portals unwahre, beleidigende oder sonst unzulässige Aussagen, besitzt der betroffene (Zahn-)Arzt das Recht, vom Betreiber die Entfernung des jeweiligen Eintrags zu verlangen.

Bei unwahren Behauptungen muss der Betreiber hierfür zunächst den betreffenden Nutzer kontaktieren und ihn auffordern, seine Behauptungen zu beweisen. Gelingt diesem ein solcher Nachweis nicht, ist der Portalbetreiber verpflichtet, den entsprechenden Eintrag zu löschen.

Bei beleidigenden Äußerungen hilft eine Strafanzeige gegen Unbekannt. Mittels derer ist die zuständige Strafverfolgungsbehörde berechtigt, vom Betreiber die Anmeldedaten des entsprechenden Verfassers zu verlangen. In Grenzbereichen stellt sich freilich die Frage, ob eine bestimmte Äußerung einen (Zahn-)Arzt bzw. seine Mitarbeiter bereits beleidigt oder gerade noch zulässig ist. Erkennt die Ermittlungsbehörde insoweit kein strafrechtliches Verhalten, bleibt einem (Zahn-)Arzt nichts anderes übrig, als eine ihm missliche Bewertung hinzunehmen.

Steffen Dippe
Abteilung Recht
KZV Sachsen-Anhalt


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