Aktuelle Frage

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Tangiert die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) auch das Gesundheitswesen?

Das Transatlantische Freihandelsabkommen, offiziell Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Englisch: Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP), ist ein aktuell verhandeltes Freihandels- und Investitionsschutzabkommen in Form eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen der Europäischen Union und den USA. Seit Juli 2013 werden die genauen Vertragsbedingungen ausgehandelt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weshalb TTIP reichlich Kritik auf sich zieht. Vielen gilt dieses Verfahren nicht nur als intransparent. Sie sehen auch die Gefahr, dass bewährte gesellschaftliche Standards durch den von TTIP erzeugten Liberalisierungsdruck und die angedachten Mechanismen zum Investorenschutz eingerissen werden.

Da auch der Gesundheitsbereich hiervon nicht explizit ausgenommen wird, entschlossen sich die Präsidenten und Vorsitzenden der deutschen Heilberufe im April zu einer Erklärung, gerichtet an die Verhandlungsführer der Europäischen Union und die Bundesregierung.

Externer Link: Erklärung: „Vielfalt des europäischen Gesundheitswesens und Freiberuflichkeit bewahren“

Auszug aus der Erklärung:

„Freihandelsabkommen dürfen die Behandlungsqualität, den schnellen Zugang zur Gesundheitsversorgung und das hohe Patientenschutzniveau in Deutschland und der EU nicht beeinträchtigen. …
Wir erwarten, dass die Verhandlungsführer der Europäischen Union diese Grundsätze bei den Verhandlungen beachten und unsere erfolgreichen Gesundheitssysteme – auch in Teilen – schützen. Die Rechte der Patienten wie auch die Freiberuflichkeit von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und Apothekern sowie die Kompetenzen ihrer Selbstverwaltungsorgane dürfen nicht eingeschränkt oder aufgehoben werden. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union müssen in Fragen der Gesundheitspolitik und der Ausgestaltung der Gesundheitssysteme ihre Souveränität behalten. Wir fordern daher eine Positivliste, die klarstellt, dass TTIP keine Anwendung auf das Gesundheitswesen und die Heilberufe findet.“

Die Bundesregierung hat bereits Stellung genommen. So äußerte sich der wirtschafts- und finanzpolitsche Berater der Bundeskanzlerin, Prof. Dr. Lars-Hendrik Röller, zu den geäußerten Bedenken wie folgt:

„Die Bundesregierung ist sich der großen Bedeutung einer hohen Qualität der Gesundheitsversorgung und eines umfassenden Schutzes der Patienteninteressen bewusst. Zugleich besteht aus Sicht der Bundesregierung nicht die Gefahr, dass die Gesundheitsversorgung oder der Patientenschutz durch TTIP oder andere Freihandelsabkommen beeinträchtigt werden.“

Röller erklärt, dass Deutschland keine Verpflichtungen zu einer Marktöffnung im Gesundheitssektor eingehen werde, die über die bereits vor 20 Jahren im Rahmen des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen, kurz: GATS, übernommenen Verpflichtungen hinausgehen. Somit werde auch die Selbstverwaltung und Freiberuflichkeit der Heilberufe durch TTIP nicht in Frage gestellt.

GATS (General Agreement on Trade in Services)

  • Das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen ist ein internationales Handelsabkommen der Welthandelsorganisation (WTO), das den grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen regelt und dessen fortschreitende Liberalisierung zum Ziel hat.
  • Das GATS-Abkommen trat am 1. Januar 1995 in Kraft. Darin hat Deutschland für den Bereich der „Medical and dental services" einzelne Öffnungsverpflichtungen übernommen. Deutschland hat dabei aber u. a. ausdrücklich klargestellt, dass nur natürliche Personen Zugang zu diesem Sektor in Deutschland haben und für die Zulassung zum  Abrechnungssystem der Sozialversicherung in Deutschland eine Bedarfsprüfung erfolgen darf.
  • Die Verpflichtungen im GATS lassen jedoch Anforderungen zur Pflichtmitgliedschaft in berufsständischen Kammern oder die Qualifikationsanforderungen für (zahn-)ärztliche Tätigkeiten unberührt.

Nach Aussage der Bundesregierung kann Deutschland hinter die Verpflichtungen im GATS in bilateralen Freihandelsabkommen etwa mit Kanada oder den USA nicht zurückgehen. Für die aktuellen Verhandlungen bedeutet dies, dass die Bundesregierung keine weiteren Marktöffnungen vorsieht.


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