Aktuelle Frage

Aktuelle Frage

Welche Leistungen sind im zahnärztlichen Notdienst abrechenbar?

Aus § 14 Abs. 1 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt in Verbindung mit der Notfalldienstordnung ergibt sich, dass jeder Zahnarzt, der an der zahnärztlichen Versorgung teilnimmt, grundsätzlich verpflichtet ist, auch am Notfalldienst teilzunehmen.

Da es sich bei einer Notfallbehandlung um eine Ausnahmeleistung eines Zahnarztes handelt, sind strenge Voraussetzungen an sie geknüpft. Zwar muss eine Notversorgung in jedem Fall weitergehende Komplikationen abwenden, zugleich jedoch darf sie eine angemessene Behandlung am Folgetag nicht unnötig erschweren oder sogar unmöglich machen. Der zahnärztliche Notdienst ist nicht dafür gedacht, Patienten, die nicht bereit sind, Behandlungstermine während der regulären Sprechzeiten wahrzunehmen, eine Behandlung in Zeiten des Notdienstes zu ermöglichen. Aus diesem Grund ist die zahnärztliche Behandlung während einer Notversorgung beschränkt. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde hat diesbezüglich bereits in der Vergangenheit Fallgruppen gebildet, die nachfolgend kurz skizziert werden.

Blutungen
Anhaltende Blutungen nach zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen erfordern eine sofortige zahnärztliche Intervention im Rahmen des Notdienstes (z.B. Geb.-Nr. 36). Vielfach mag bereits eine einfache Kompression die Blutung zum Stillstand bringen. Doch auch eine Elektrokoagulation oder die Verabreichung gerinnungsfördernder Medikamente sind beispielsweise als Behandlung denkbar. Soweit eine Blutung trotz einfacher Maßnahmen nicht zur Ruhe kommt oder beim Patienten eine hämorrhagische Diathese vorliegt, spricht dies für eine Einweisung des Patienten in die nächstgelegene Klinik. Ebenso verhält es sich bei Blutungen aus dem Zahnfleischrand im Rahmen von systematischen Therapien bei verschiedenen Formen der Leukämie, Agranulozytosen und Immunsuppressionen nach Organtransplantationen. Diese gehören nicht zur Notfallbehandlung während eines zahnärztlichen Notdienstes, da es diesbezüglich einer engen Abstimmung mit einem Internisten bedarf.

Pyogene Infektionen
Echte Notfälle sind auch sämtliche Formen akuter fieberhafter, eitriger Entzündungen, da eine Ausweitung der Infektion und eine Ausbreitung in die Weichteile zu vermeiden ist. Im Notdienst wird es sich regelmäßig um subperiostale oder submuköse Abszesse handeln (z.B. Geb.-Nr. Ä 161), die in Lokalanästhesie inzidiert werden können. Andererseits sind auch konservative Therapien mit der Verordnung von Antibiotika oder durch feucht-kalte Umschläge vorstellbar. Ausgedehnte Weichteilabszesse sprechen hingegen eher für eine Klinikeinweisung.

Zahnschmerzen
Die Ursachen von Zahnschmerzen reichen vom Dolor post extractionem über die Dentitio difficilis bis zur Paradontitis und Pulpitis. In den meisten Fällen sollte die Behandlung von Schmerzen im zahnärztlichen Notdienst nur Maßnahmen zur Schmerzausschaltung (z.B. Geb.-Nr. 38, 46, 49, 105) beinhalten und einer endgültigen Behandlung am Folgetag nicht vorgreifen. Beispielhaft sind die Trepanation des Zahnes bei einer Pulpagangrän oder schmerzstillende Einlagen bei der Pulpitis zu nennen (z.B. Geb.-Nr. 29, 31). Gegebenenfalls sind auch das Exkavieren und der provisorische Verschluss einer Kavität aufgrund von Beschwerden oder Füllungsverlustes erforderlich (z.B. Geb.-Nr. 11). Weitergehende Behandlungen, etwa die Extraktion eines pulpitischen, nicht mehr erhaltungswürdigen Zahnes, sollten nach Möglichkeit vermieden werden.

Pflicht zur Hilfeleistung
Auch während des Notdienstes erfordert die Sorgfaltspflicht des Zahnarztes die symptombezogene  Untersuchung jedes Patienten, der sich nachts oder am Wochenende hilfesuchend an ihn wendet (z.B. Geb.-Nr. Ä 1). Unterlässt ein Zahnarzt die Untersuchung oder eine eventuell notwendige Beratung und kommt es daraufhin nachweislich zu Komplikationen oder Nachteilen des Patienten, kann sich ein Zahnarzt dem Vorwurf einer unterlassenen Hilfeleistung oder gegebenenfalls sogar einer Körperverletzung ausgesetzt sehen. In der Folge können zivilrechtliche, in besonderen Situationen möglicherweise auch strafrechtliche Konsequenzen drohen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass im Rahmen des Notdienstes keine Eingriffe in das therapeutische Konzept des eigentlich behandelnden Hauszahnarztes vorgenommen werden dürfen. Die Rechtsprechung hat dies in der Vergangenheit mehrfach bestätigt. Insbesondere soll einer Extraktion regelmäßig der Versuch einer endodontischen Therapie der Vorzug eingeräumt werden.

Steffen Dippe
Abteilung Recht
KZV Sachsen-Anhalt


Aktuelle Frage / Archiv

Zurück